WARUM IST DER BERZDORFER SEE BEI GäSTEN AUS POLEN SO BELIEBT?

Kaum ein Ort in und um Görlitz ist so international wie der Berzdorfer See. An der Strandbar machen polnische Gäste bis zu 90 Prozent der Kunden aus. Sie haben gute Gründe.

Für Anna Satora ist der Berzdorfer See „wie ein zweites Mallorca.“ Die junge Polin lebt mit ihrem Mann Maciej in Görlitz – und kommt gern an den See. Am Freitag hatte sie ihre Schwiegereltern aus Warschau zu Besuch. Natürlich zeigten sie denen erst einmal den Berzdorfer See – mit einer Schifffahrt vom Hafen aus. „Hier können wir so viel machen“, schwärmt Anna Satora: „Inline-Skating, Fahrradfahren, Windsurfing, Klettern, Baden.“ Ihr Mann wirft ein, dass er auch gern am See joggen geht. Und die junge Lehrerin veranstaltet mit ihrer MSK Akademie jeden Sommer deutsch-polnische Feriencamps am See. In Polen, erklärt sie, gibt es keine so schönen Seen: „Der Nächste ist in der Woiwodschaft Lebus, das ist drei Stunden entfernt.“

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Der Mangel an wirklich schönen Seen in Polen: Er scheint der eine Hauptgrund zu sein, warum so viele Menschen aus Polen an den Berzdorfer See kommen. Der Andere: Am Berzdorfer See gibt es so viele Möglichkeiten. Beides bestätigt auch Kasia Wasielewska, die am Freitag mit ihrer Familie schon zum zweiten Mal mit dem Ausflugsschiff fährt, auf dem die Schwester ihres Mannes arbeitet. „Heute ist auch die Familie aus Oberschlesien hergekommen“, berichtet sie. Kasia Wasielewska kommt mit ihrer Familie aber auch zum Radfahren und Schwimmen an den See – Letzteres auch im Winter. „Und der Spielplatz am Nordoststrand ist schön für die Kinder“, sagt sie. In Polen gebe es nichts Vergleichbares, auch nicht an der Witka-Talsperre.

Für Letztere hat auch Adam Puchalski aus Zgorzelec keine lobenden Worte: „Dort ist nichts los.“ An den Berzdorfer See hingegen kommt er gern mit seiner Frau und der kleinen Tochter: „Ein schöner Ort, viel Natur, ein guter Radweg.“ Vor 20 Jahren habe es auch in Polen schöne Seen gegeben. Aber heute seien sie ringsum mit Häusern zugebaut – und der Wasserstand sei deutlich gesunken. Bei der Burg Czocha (Tzschocha) gebe es da noch den schönsten See – „aber der ist 30 Kilometer entfernt.“

60 Kilometer langer Anreiseweg

Radek und Agata Makowska haben am Freitag sogar den 60 Kilometer langen Anreiseweg von Bolesławiec (Bunzlau) nach Hagenwerder auf sich genommen, um mit ihren Fahrrädern eine Runde um den See zu fahren. „Das machen wir zum ersten Mal“, sagt Agata Makowska, die als Dolmetscherin arbeitet und auch schon bei Hochzeiten am Hafen übersetzt hat. In Polen gebe es auch rekultivierte Seen: „Aber die sind viel kleiner und die Ufergrundstücke sind an private Eigentümer verkauft.“ Da könne man nicht einfach eine Runde um den See radeln. Doch auch ganz allgemein sei Deutschland „bei der Fahrrad-Infrastruktur viel fortgeschrittener“, findet sie.

Auch viele Gastronomen am See schätzen die Polen als Kunden. „Wenn in Polen Feiertag ist, haben wir hier 90 Prozent polnische Gäste“, sagt Tom Fischer von der Strandbar am Nordoststrand. Ansonsten kämen unter der Woche mehr Deutsche, am Wochenende Deutsche, Polen und Tschechen gleichermaßen. Ärger zwischen den Nationalitäten gebe es faktisch nie. „Die Polen essen und trinken sehr viel“, freut sich Tom Fischer. Damit machen sie einen guten Teil des Umsatzes aus. Aber die Strandbar könnte auch ohne sie bestehen.

Stammkunden aus allen drei Ländern

Letzteres bestätigt auch Bernd Otto von der Milchbar in Deutsch Ossig. Je nach Tag variiere der Anteil immer mal etwas – aber insgesamt seien es wohl je ein Drittel Deutsche, Polen und Tschechen. „Wir haben auch Stammkunden aus allen drei Ländern“, sagt Otto. Die Tschechen kämen aus Liberec und würden „das große Wasser“ mögen, sagt Otto: „So etwas haben sie zu Hause nicht.“ Der See habe genau die richtige Größe, er lasse sich an einem Tag umrunden, auch zu Fuß. Und mit der Völkerverständigung klappe es gut: „Die Tschechen und Polen sind total freundlich.“

Auch das Hafencafé hat Stammgäste aus allen drei Ländern, berichtet eine Mitarbeiterin. Alles in allem seien die Deutschen sogar in der Minderheit, schätzt sie: „Wir haben je ein Drittel polnische und tschechische Gäste, ein Viertel Deutsche, der Rest sind Touristen aus anderen Ländern. Anders sieht es bei den Hochzeiten am Hafen aus: „Das sind fast alles Deutsche.“ Und die Boote, die im Hafen liegen, sind zu drei Vierteln in deutscher Hand, der Rest sind dort Polen und Tschechen.

Nur im Hotel „Insel der Sinne“ sind Polen und Tschechen noch die absolute Minderheit, sagt Inhaberin Ina Lachmann: „Voriges Jahr hatten wir etwa 20.000 Übernachtungen, darunter 317 von polnischen und 219 von tschechischen Gästen.“ Die Zahlen würden zwar steigen, aber bisher recht langsam. „Wir arbeiten aber daran und versuchen, diesen Markt anzuzapfen“, sagt Ina Lachmann. Bei ihrem Personal sehe es weitaus besser aus: Da ist ein Drittel nicht deutsch, also zumeist polnisch.

Wenig international ist eine kleine Gruppe am See: die Angler. Zwei deutsche Angler berichten, am See noch keine polnischen Angler gesehen zu haben: „Gute Angelgewässer gibt es wohl auch in Polen.“

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