GEKNüPFTE KUNST AM EBENSEE: FäDEN VERBINDEN DAS GESTERN UND DAS HEUTE

Ebensee – Sie hat es wieder getan, Hunderte Meter roten Faden ausgelegt und ein beeindruckendes Kunstwerk geknüpft. Spätestens seit ihrem Auftritt im japanischen Pavillon der Biennale von 2015 ist Chiharu Shiota einem breiten Kunstpublikum bekannt. Aus etlichen roten Fäden und verschiedensten Schlüsseln schuf sie das Fotomotiv der damaligen Kunstschau in Venedig. Die unverwechselbare künstlerische Handschrift der Japanerin, die heute in Berlin lebt, war daraufhin auch in Österreich öfter zu entdecken. In der Landesgalerie Niederösterreich arbeitete die Künstlerin mit einer Zille – einem jener traditionellen Boote der Wachau –, im Kunstraum Dornbirn hingegen mit dem Umfeld, der ehemaligen Industriehalle.

Für die Europäische Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 hat Shiota ebenso Vergangenheit und Gegenwart verknüpft – im Gedenkstollen des einstigen NS-Konzentrationslagers Ebensee ist sie allerdings in ein besonders dunkles Kapitel österreichischer Geschichte abgetaucht. „Es war nicht einfach, hier zu arbeiten“, bekannte die Künstlerin anlässlich der Eröffnung ihrer neuen Intervention vor JournalistInnen.

Das KZ Ebensee war einst ein Außenlager des KZ Mauthausen. Häftlinge wurden in den Stollen für die unterirdische Produktion von Raketen eingesetzt. Zwischen 1943 und 1945 wurden über 8000 Insassen ermordet oder sind an den Folgen von Haft und Zwangsarbeit gestorben, erinnert die Gedenkstätte Ebensee bis heute.

Fäden aus 25 Kleidern

130 Meter lang ist die Stollendecke, an der sich jetzt die Installation „Wo sind wir jetzt?“ entlanghangelt. Eingearbeitet hat Shiota in das Netz aus Fäden 25 Kleider. Einerseits seien für sie Kleider eine zweite Haut, andererseits bildeten Kleider sichtbare Überreste des Massenmordes, wenn die Körper vergangen seien, hieß es bei der Vorstellung des Projekts. Es solle auch an die Frauen von Ebensee erinnert werden, die die männlichen Häftlinge mit Brot versorgten und dafür bestraft wurden, erklärte Kulturhauptstadt-Intendantin Elisabeth Schweeger.

Die Arbeit, sicher eine der spektakulärsten der diesjährigen Kulturhauptstadt, ist bis Ende September in Ebensee zu sehen. (bunt, APA)

2024-04-28T05:48:04Z dg43tfdfdgfd