FRüHWARNSYSTEM GEGEN MASSENTOURISMUS: DER SCHöNSTE URLAUB LIEGT SO NAH

Den Urlaub einsparen? Kommt für die Österreicherinnen und Österreicher nicht infrage. ­Rekordverdächtige 95 Prozent wollen in diesem Sommer verreisen, für mehr als 70 Prozent soll es ins Ausland gehen, wobei knapp die Hälfte nicht weit wegfahren will – auch im Wortsinn, denn zu 60 Prozent wird der eigene Pkw genutzt. Jeder Dritte steigt ins Flugzeug, der Anteil jener, die den Zug für eine Urlaubsreise nutzen, stagniert.

Besonders erstaunlich: Trotz gestiegener Lebenshaltungskosten wurden 2023 durchschnittlich schon 1.796 Euro pro Person (also beachtliche 225 Euro mehr als 2022) für den gesamten Urlaub einem Jahr ausgegeben, 2024 werden es voraussichtlich knapp 1.900 Euro sein. Für die Hälfte aller Generationen bleibt der Sommerurlaub ein klassischer Badeurlaub in Kroatien, Italien und auch in Österreich.

Es stellt sich einmal mehr die Frage, ob man unbedingt dorthin fahren muss, wo schon ganz viele Urlauber sind und dafür auch noch unverschämte Preise bezahlt. Mit einer Art Frühwarnsystem wollen wir hier vorausschauen, wo es im Sommer 2024 vermutlich besonders voll und teuer sein wird und Alternativen vorstellen.

Mit dem Auto nach Kroatien

Die schlechte Idee: Für einen Badeurlaub an der Adria zieht es die Österreicher nach Kroatien. Wobei vor allem die Strände rund um Poreč, Rovinj oder Opatija in Istrien hoch im Kurs stehen. Der Hauptgrund dafür ist nachvollziehbar: Sie sind mit dem Auto leicht zu erreichen. Den Stau nehmen dabei viele offenbar in Kauf.

Die gute Idee: Als Alternative zu Istrien bietet sich Dalmatien im Süden des Landes an. Die Kleinstadt Primošten zum Beispiel ist eine noch nicht allzu überlaufene Destination und bietet alles, was man sich von einem Badeurlaub in Kroatien erwartet: ­klares Wasser, Kieselstrände, Felsstrand­abschnitte und etwas außerhalb auch ruhige Buchten. Die offiziellen Strände sind familienfreundlich flach ins Meer abfallend. Unterkünfte werden großteils von privaten Gastgebern angeboten. Eine vierköpfige Familie (zwei Erwachsene, zwei schulpflichtige Kinder im Alter von neun und zwölf Jahren) kommt Mitte Juli schon für knapp 800 Euro in einem Apartment direkt am Strand unter. Das hat eine Schnellrecherche auf Booking.com ergeben. Anreisen kann man mit dem Auto, per Flugzeug via Split oder man nimmt den ÖBB-Nightjet. Der fährt seit 3. Mai drei Mal pro Woche wieder ab Wien nach Split. Los geht’s jeweils um 18.05 Uhr am Wiener Hauptbahnhof, um 8.20 Uhr kommt man in der zweitgrößten Stadt ­Kroatiens an. Auch die Familienkutsche kann mit der Eisenbahn anreisen. Weil ganz ohne Auto geht’s dann doch nicht.

Reif für die kleine Insel

Die schlechte Idee: Spätestens, seit die Bilder der Proteste auf Teneriffa und Gran Canaria um die Welt gingen, dürfte klar sein, dass ein Urlaub auf den Kanaren heuer keine gute Option sein dürfte. Staus, Wasser­mangel, hohe Wohnungspreise: Die Ein­heimischen leiden massiv unter den Folgen des Massentourismus. So nehmen die Inseln bereits jetzt doppelt so viele Touristen auf wie noch vor 15 Jahren. Für heuer werden 17 Millionen Besucher erwartet. Kurz: Die Inseln sind völlig überfüllt. Und zwar dank des milden Klimas das ganze Jahr über.

Die gute Idee: Etwas nördlicher gelegen findet man mit der portugiesischen Insel Porto Santo eine gute Alternative zu den Kanaren. Die "kleine Schwester" Madeiras glänzt, umtost von den Wellen des Atlantiks, mit ihrem neun Kilometer langen, goldenen Sandstrand, ihrer Artenvielfalt (seit 2020 ist sie offiziell ein Unesco-Biosphärenreservat) und einem Berg vulkanischen Ursprungs. Auch hier findet man ganzjährig milde Temperaturen. Das nur elf Kilometer lange und sechs Kilometer breite, im Vergleich zu Madeira karg wirkende, Eiland gilt noch als Geheimtipp. Klein, aber pittoresk ist auch die Inselhauptstadt Vila Baleira an der flachen Südküste Porto Santos. Kaum ein Gebäude ist höher als drei Stockwerke, Hotelbunker sucht man vergeblich. Zum Glück möchte man hinzufügen.

Unsere vierköpfige Musterfamilie könnte sich Mitte Juli für rund 1.700 Euro eine Woche in einem Ferienhaus einmieten. Porto Santo besitzt einen eigenen Flughafen – die Flugzeit ab Lissabon beträgt rund eineinhalb Stunden. Alternativ kann man über Madeira anreisen. Mit der Fähre ist man in rund 20 Minuten auf der selbstbetitelten "Goldenen Insel im Atlantik".

Hausverstand beim Onlinebuchen

Die schlechte Idee: Ein Urlaubsschnäppchen online buchen, das zu gut und zu günstig klingt, um wahr zu sein. Dann handelt es sich auch meist um Betrug oder zumindest gefälschte Bewertungen. Vor allem Fake-Online-Rezensionen sind wieder auf dem Vormarsch, weil durch KI-Programme à la ChatGPT rasch fingierte Texte zu Bewertung generiert werden können.

Die gute Idee: Schon 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben heuer ihren Sommerurlaub online gebucht; mehr als ein Drittel ist dabei über große Reiseplattformen à la Booking fündig geworden, ein weiteres Viertel hat sich Anreise und Unterkunft online organisiert. Über bekannte Plattformen zu kaufen, ist schon deshalb eine gute Idee, weil dort nur Rezensionen nach einem tatsächlichen Besuch abgegeben werden können. Auch kann man dort einfacher über einen Kartenausschnitt und Fotos erkennen, ob die angepriesenen Vorteile der Realität entsprechen. Ein Gegencheck über Dienste wie Street View in Google oder Apple Maps ist auch nie verkehrt.

Spontaner Urlaub in Österreich

Die schlechte Idee: Mit der Buchung des Urlaubs in Österreich bis zum letzten Drücker warten. Aktuell gibt hierzulande fast ein Viertel der Menschen an, den Sommerurlaub im eigenen Land verbringen zu wollen, aber noch nicht gebucht zu haben. Die Erfahrungen aus den Vorjahren zeigt, dass letztlich noch mehr Menschen als geplant in Österreich urlauben. Wie teuer oder gar unrealistisch das werden kann, zeigt ein Rechenbeispiel aus Bad Aussee. Unsere Musterfamilie legt in dem Ort, der im Kulturhauptstadtjahr noch begehrter ist als sonst, für eine Woche kaum unter 1.500 Euro ab, bessere Appartements oder gar Hotels verlangen schon um die 4000 Euro.

Die gute Idee: Neben der frühzeitigen Buchung ist es gerade auch beim Österreich-Urlaub sinnvoll und nötig, antizyklisch zu denken. In Seenähe wird es im Juli und August rasch teuer und voll, warum also nicht die heißen Sommermonate nutzen, um in höheren, kühleren Gefilden aktiv zu urlauben. Wer seine Familie nicht für Wanderurlaube begeistern kann: Es gibt auch aufregendere Aktivitäten wie E-Mountainbike-Touren in nicht ganz so überlaufenen Regionen wie dem Mostviertel. Zum Beispiel rund um Hollenstein an der Ybbs sind die Möglichkeiten vielfältig, Appartements ab rund 1.000 Euro zu haben und auch die Hotels etwas günstiger. Tagesmieten fürs E-Mountainbike um 75 Euro für Erwachsene und 50 Euro für Kinder schlagen natürlich auch zu Buche, doch niemand wird die ganze Woche radeln wollen. Vor allem nicht, weil Hollenstein an der Ybbs über eines der schönsten Strandbäder des Landes direkt am Fluss verfügt. Wer noch mehr Badetage braucht, holt diese am besten in den Herbstferien nach.

Badeurlaub an der Oberen Adria

Die schlechte Idee: Sich so wie alle anderen am Freitag oder Samstag mit dem Auto in Richtung Caorle, Bibione oder Lignano stauen. Heuer erwarten die Mobilitätsklubs den Höhepunkt des Sommerreiseverkehrs am letzten Juli- und am ersten Augustwochenende, zusätzlich starten die Bayern am 29. Juli in den Urlaub. Und nicht zu ver­gessen: Tirol sperrt zur Hauptreisezeit die Stau-Ausweichrouten entlang wichtiger Durchgangsstrecken, man muss also auf der Autobahn bleiben.

Die gute Idee: Einfach mal etwas ganz Verrücktes ausprobieren und montags oder dienstags an- und heimreisen. Und dann noch vielleicht nicht an die "oberste Adria", sondern etwas weiter südlich an die Strände rund um Cesenatico und Gatteo a Mare weitertuckern. Solide Mittelklassehotels in Strandnähe sind dort für unsere Musterfamilie Mitte Juli noch ab rund 1.200 Euro pro Woche zu haben. Und der Anteil der Restaurants, die gute regionale Küche im Setting einer schönen Altstadt anbieten, nimmt an der zur Emilia-Romagna gehörenden Riviera auch rapide zu. Gatteo Mare verfügt an dem kurzen Küstenabschnitt über 28 Strandbäder, doch auf dieser Höhe des Stiefels beginnen bereits freie Strände ohne Schirmchen und Liegen wie jener neben dem Lido del Rubicone.

Campingurlaub am Meer

Die schlechte Idee: Auch in diesem Sommer wieder auf einen überfüllten Campingplatz in Kroatien, Italien oder Griechenland fahren. In all diesen Ländern und auch auf den heimischen Campingplätzen löst ein Rekordjahr das nächste ab. Österreichische Camper zahlen aber vor allem schon in Kroatien Rekordpreise dafür, eine oder zwei Wochen auf einem bestimmten Stellplatz stehenbleiben zu dürfen. Mit rund 50 Euro pro Nacht für eine vierköpfige Familie ist das Vergnügen an der kroatischen Küste europaweit am teuersten.

Die gute Idee: Wohnmobile und Vans sind dafür gedacht, öfters mal wo anders zu nächtigen. Wer also in Richtung Südosten fährt, sollte besser zwischen Kroatien und Griechenland Halt machen. Denn die Campingplätze in Montenegro und Albanien zählen nicht nur zu den günstigsten in Europa, sie sind in den beiden Ländern oft auch die bessere Alternative zu Hotels, weil sie direkt am Strand oder an Seen liegen. Während etwa in Albanien rund um Vlora eine Woche für unsere vierköpfige Familie auch schon 1.000 Euro kostet, sind Stellplätze am Meer schon ab 15 Euro pro Nacht zu haben. In Montenegro liegt das Preisniveau nur geringfügig höher bei durchschnittlich 17 Euro. Strandurlaub funktioniert dort einfach besser mit einem fahrbaren Untersatz.

Dem Trubel ausweichen

Die schlechte Idee: Paris steht in diesem Sommer ganz im Zeichen der Olympischen Spiele. Während sich die Stadt noch aufhübscht, explodieren bereits die Hotelpreise. Unsere vierköpfige Familie müsste für ein Wochenende mit mindestens 2.000 Euro für ein Quartier rechnen. Selbst die Metro-Tickets verdoppeln sich während der Spiele (20. Juli bis 8. September) nahezu. Ein Einzelticket kostet dann statt 2,10 Euro 4,37 Euro. Zudem wird in der Stadt naturgemäß mehr los sein als ohnehin schon. So wird mit rund zehn Millionen mehr Besuchern gerechnet.

Die gute Idee: Lieber ab an die französische "Alabasterküste", nach Dieppe, wo Kreidefelsen das Meer säumen und ein anderthalb Kilometer langer Strand locken. Die kleine Stadt in der Normandie ist bekannt für ihre Jakobsmuscheln und Fischspezialitäten und bietet neben Kulturschätzen auch Badevergnügen im Atlantik oder in einem Meerwasser-Becken, das ganzjährig auf 28 Grad Celsius beheizt wird. Vom Hafen aus kann man ein besonderes Naturschauspiel bewundern: Das Licht der untergehenden Sonne lässt die weißen Klippen rotglühend erstrahlen. Eine Unterkunft, in der Nähe des Stadtzentrums und des Strandes kostet für eine vierköpfige Familie laut Booking.com rund 900 Euro. Die Anreise mit dem Flieger via Paris bietet sich an: Von der Hauptstadt sind es dann noch circa zwei Stunden Zugfahrt nach Dieppe. Alternativ kann man auch den Nachtzug nach Paris nehmen, der zum Beispiel jeweils am Freitag um 19.38 Uhr vom Wiener Hauptbahnhof abfährt. In diesem Fall sollte man aber schnell sein, erfahrungsgemäß ist diese Strecke sehr begehrt. (Sascha Aumüller, Markus Böhm, 4.5.2024)

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